Samstagmorgen, eigentlich waren Ben und ich nur auf den Augsburger Stadtmarkt gegangen, um gemeinsam Frühstück zu jagen: Elsässer, Brezn und Vischgerl von der Hopfisterei, dazu eine halbe Sonne für die Woche, Katenschinken, Mortadella und italienische Salami vom Kahn (viel besser als die von den Pseudo-Südländern in der Viktualienhalle, die nur bei der Metro einkaufen und das Zeugs mit viel Brimborium weiterverhökern), Leberwurst, Leberkas und Wiener beim Reiter, etwas Käse beim Kolper, wenig Lachs und Zuchtkaviar beim Schwingenstein, Blumen, Eier und Erdbeeren bei den Bauern, Croissants, Buchteln und etwas Kuchen beim Eber, … die Basics halt, die man für ein halbwegs anständiges Wochenend-Frühstück braucht, nicht mehr, für Nachmittags war Ammersee angesetzt, abends dann zuerst ein Drink bei Robert, danach Biergarten, ein ganz entspannter Samstag also an dem ersten 30-Grad-Wochenende im Jahr, und das im Mai. Aber es kam anders, und Schuld ist allein Frank Stormann. Bei dem nämlich fiel uns hinterhältig, ohne Vorwarnung und gemein ein Rehrücken an, ein wahrer Prachtkerl. Goodby Ammersee, goodby Robert, goodby Biergarten, wegen dem haben wir den Nachmittag bei schönstem Wetter in der Küche verbracht, und Frank ist schuld. Nun denn, Rehrücken auslösen und parieren lassen, während dessen bei Haag frische Morcheln, Frühlingskräuter und grüne Mini-Spargelspitzen erstanden, ziemlich schöne Pfifferlinge aus Bulgarien (in Bayern küchenfertig geputzt, welch ein Wahnsinn!), Wildfang-Tiefseegarnelen beim Schindler, Weinbergpfirsiche, nochmals Eier, Sahne, Crème fraîche, Baguette, dazu bei Frank noch Maultäschlein vom Hällisch-Schwäbischen Landschein. Das alles gab dann echten Bellini mit frischem Weinbergpfirsich-Püree (reichlich, zum Kochen), Garnelen vom Grill mit selbst gemachter Frühlingskräuter-Butter und Baguette, frische Morcheln und Spargelspitzen in Sahnesauce mit Maultäschlein, dann Rehrücken mit Pfifferling-Wacholder-Sahnesauce und Spätzle, als Nachtisch einfach Erdbeeren mit Sahne satt.
Zutaten:
- 1 Strang vom Rehrücken, ausgelöst und pariert, ca. 500 g
- Butterschmalz
- 750 g Pfifferlinge
- 12 Wacholderbeeren*
- 150 ml Gin
- 50 ml Madeira
- 100 ml trockener Sherry
- 200 ml Wildjus (oder ein Bisserl mehr)**
- 200 ml Crème double
- 150 ml Süße Sahne
- Nach Geschmack 1 Tee- oder auch Esslöffel schwarzer Johannisbeergelee oder eingemachte Preiselbeeren
- Pfeffer, Salz
Zubereitung:
- Pfifferlinge kräftig im Sieb abbrausen, Pilze putzen, große Pfifferlinge klein schneiden, auf reichlich Küchenpapier wieder trocknen lassen
- Rehrücken von allen Seiten kräftig pfeffern und leicht salzen
- Rehrücken in heißem Butterschmalz von allen Seiten anbraten, so dass er leicht gebräunt ist; das dauert 5 bis 8 Minuten insgesamt, 10 Minuten wären schon zu viel
- 12 Wacholderbeeren im Mörser fein zermahlen
- Angebratenen Rehrücken aus der Pfanne nehmen, die Hälfte der zermahlenen Wacholderbeeren rundum auf dem Fleisch verteilen, leicht andrücken
- Rehrücken in ofenfeste Pfanne geben, Bratenthermometer in die Mitte des Fleisches stecken, bei 150° in den Ofen schieben
- Der Rehrücken soll eine Kerntemperatur von 65° (sehr rosa) bis 68° (rosa) erreichen, das dauert ca. 40 Minuten. Temperatur immer wieder kontrollieren. Besser, die Sauce ist fertig und wartet warmgehalten auf den Rehrücken als umgekehrt.
- Während dessen nochmals Butterschmalz in der selben Pfanne, in der das Fleisch angebraten wurde, stark erhitzen
- Geputzte Pfifferlinge in das heiße Butterschmalz geben und kräftig anbraten; gelegentlich durchrühren; nach 5 Minuten leicht salzen; insgesamt dauert das Anbraten der Pilze ca. 10 Minuten
- Wenn die Pilze angebraten sind, in der Mitte der Pfanne eine Stelle frei machen, restliche zermahlenen Wacholder darauf geben, ca. 3 Minuten leicht rösten lassen, bis Wachholder-Duft aufsteigt
- Sofort mit 50 ml Gin ablöschen, Gin unter Rühren vollständig verdampfen lassen (Vorsicht mit der eigenen Nase, der Alkoholdampf knall volle Möhre in die Birne), Vorgang mit nochmals 50 ml Gin wiederholen
- Danach mit 50 ml Madeira ablöschen, Alkohol komplett verdampfen lassen
- Danach mit 50 ml trockenem Sherry ablöschen, Alkohol komplett verdampfen lassen; Vorgang mit nochmals 50 ml Sherry wiederholen
- Nun Wildjus oder eingekochten Wildfond in die Pfanne geben, einmal aufkochen lassen
- 200 ml Crème double und 150 ml Süße Sahne dazu geben, alles gut durchkochen
- Nach Geschmack schwarzen Johannisbeergelee oder Preiselbeeren unterrühren; die Sauce wird dann halt süßlich, das kann man mögen oder nicht
- Mit Pfeffer, Salz, dem restlichen 50 ml Gin und vielleicht noch etwas mehr Wildjus und Wacholderbeeren abschmecken, leicht sämig einkochen lassen
- Rehrücken schräg in Medaillons aufschneiden, mit der Pfifferlingssauce und Spätzle servieren
* Gewürz-technisch kann man hier gewiss noch viel mehr machen, gerade bei alten, müffelnden Böcken. Aber bei frischem, zartem Reh wäre das schade, ich beschränke mich hier auf Wacholder und Pfeffer als Gewürze. Lorbeer, Thymian, Rosmarin, wenig Knoblauch, Piment d’espelette, Ingwer, Sojasauce …könnte alles, muss aber nicht.
** Wer keine Quelle für Wildjus – sehr stark eingekochte, Gelee-artige Wildbrühe – hat, ist eine arme Socke. Die wenigsten Geschäfte führen Wildjus, eine rechtzeitige Bestellung im Internet ist eine Möglichkeit. Oder man nimmt ca. 1,2 Liter Wildfond aus dem Glas und reduziert die Flüssigkeit, aber das ist Erstens umständlich, Zweitens stikt’s und irgendwann kommen die Tapeten runter und Drittens ist es nicht dasselbe.