Schwallerieundschwallera

Was die RTL2-Talkshow für Couchpotatoes, ist das Meeting für uns Werktätige – nur ohne Werbepause. Zuschauen, entspannen – abschalten. Zum Glück arbeite ich nicht für eine Firma, bei der jedes Mal gleich eine Podiumsdiskussion einberufen wird, wenn die Papierhandtücher aus sind.

Doch ab und zu muss es einfach sein: „Hey Matthäus, morgen 10.30 Meeting im großen Konfi.“ Würg, „Konfi“, was für ein Wort. So was benutzen nur diese Bürohumoristen, die zum Bleistift ihren Laptop „Schlepptop“ nennen, haha, oder rufen „Herzlichen Glühstrumpf, Teflon klingelt!“

Nächster Tag 10.30 – alle da. Anfangs angestrengter Smalltalk, ja Kindern geht’s gut, Urlaub war schön, Wetter ist schlecht, morgen wird’s besser undsoweiterundsoweiterundsofort. In der Tischmitte steht ein Wasser (still), eine Cola (light), eine Kaffeesahne (gelb) und ein halboffener Apfelsaft (trüb), der letzten Monat auch schon da stand. Und natürlich die Kaffeekanne Modell „Gulaschkanone“ mit der kindersicheren Öffnung. Wenigstens hängen keine im- bis expressionistischen Farbkleckse im Rahmen an der Wand, die zeigen sollen: Obacht, diese Firma versteht was von Kunst. Schwallerie und Schwallera. Ich lerne die Rückseite der Cola-Flasche auswendig und trinke an meiner Phosphorsäure. Damit keiner denkt, ich sitze hier bloß blöd rum, muss ich auch mal was sagen: „Und was ist mit den Kosten?“ werfe ich souverän in die Diskussionsrunde. Das hat gesessen, alle starren mich gebannt an. Oje, jetzt hat der Chef gemerkt, dass ich auch da bin. Das habe ich davon: Bis zum nächsten Meeting soll ich eine genaue Kostenaufstellung vorlegen. Wovon denn bloß? Jetzt rächt sich, dass meine Gedanken in der vorigen Stunde leicht abgeschweift sind – und ich alle Amseln gezählt habe, die am Fenster vorbeigeflogen sind. Ich will meinem Nachbarn auf den Block schauen – Strebi stenographiert ja jedes Räuspern vom Chef mit – doch er hält die Hand übers Papier. Fürs nächste Mal weiß ich es: Meeten ist Silber, Schweigen ist Gold.

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