4. Advent und ganz profan Fackelmann

Ziemlich spießig, die vierte Kerze brennt, Pott Kaffee, Weihnachtspost erledigen, die Jungs kommen am Abend heim, ein Wenig für opl.guide vorarbeiten, … alles ganz normal. Das Besondere sind die Weihnachtsplätzchen, selbstgemacht natürlich. Ich bin kein großer Bäcker vor dem Herren, für Backwerk – Strudel, Pasteten, Pies, Kuchen – ist normaler Weise Ben zuständig, er ist Back-Profi in der Familie. Aber diesmal hat es Luc und mich erwischt. Und schuld daran ist Hersbruck, nordöstlich von Nürnberg in der Oberpfalz, das Hersbruck mit dem Autobahn-Anschluss Lauf-Hersbruck, wo’s anscheinend andauernd knallt und staut und das Radio diese Autobahnausfahrt ebenso andauernd vermeldet, und doch dachte ich immer, Hersbruck sei so etwas wie Bielefeld und existiert nicht in Wirklichkeit. Nun, als ich von Hilzhofen in der tiefsten Oberpfalz in Richtung Pottenstein fuhr, sagte ich meinem Navigationssystem, es möge mich auf der kürzesten Strecke ohne Autobahn dorthin leiten, das ist immer eine lustige Einstellung, weil Computer hier sehr stur sind und jeden Weg wählen, der kurz und nicht gesperrt ist, so lernt man Ecken kennen, die man sonst nie sehen würde. Und so wurde ich belehrt, dass Hersbruck tatsächlich existiert, städtebaulich vielleicht nicht gerade ein Highlight, das Horden zahlungskräftiger „See-Europe-in-ten-days“-Touristen anlocken kann wie Rothenburg ob der Tauber oder Dinkelsbühl, auch einkaufstechnisch nicht gerade der Hotspot, wo man seinen Monatslohn in extraordinären Konsumtempeln gerne ausgibt. Aber … in Hersbruck hat die Kleiderfabrik Carl Gross ihren Sitz, und natürlich ein Fabrik-Outlet, aber das hat nichts mit Plätzchen zu tun, gleichwohl ich in dem Outlet einige pekuniären Federn gelassen habe (dafür habe ich jetzt u.a. einen neuen Tweed-Blazer). Das wirkliche Fiese an Hersbruck ist Fackelmann. Die scheinen eine große Nummer dort zu sein, das örtliche Schwimmbad heißt Facklemann Therme, und die Werner-von-Siemens-Straße wurde tatsächlich in Sebastian Fackelmann Straße umbenannt. Und natürlich gibt es auch einen Fackelmann Werksverkauf. Ich hab Fackelmann immer wahrgenommen als mittel- bis niedrig-preisiger Anbieter von einfachen Haushaltsgeräten vom Backpinsel bis zum Korkenzieher in mäßiger Qualität, die auf mehreren Regal-Metern in Discountern feilgeboten werden. Nichtsdestotrotz konnte ich es mir keinesfalls verkneifen, auch diesen Werksverkauf in einer zugigen, unscheinbaren Halle fast am Ortsausgang zu besuchen. Ich wusste nicht, dass Fackelmann offensichtlich auch ein großer Anbieter von Badezimmer-Möbeln ist, neben den Küchengeräten, die ebenfalls reichhaltig feilgeboten wurden. Auf vielen, wenn nicht auf den meisten der offerierten Waren – vom Eiswürfelbereiter bis zur Plätzchenausstechform, von der Arbeitsschale bis zum Cocktail-Schirmchen, vom Billig-Messer bis zum Holzbrett – stand jedoch gar nichts von Fackelmann, sondern ganz andere Hersteller bzw. Marken. Darauf angesprochen belehrte mich einer der  Verkäufer, nur ein geringer Teil der Produktion werde unter dem eigenen Namen Fackelmann verkauft, der weitaus größte Teil werde für andere Anbieter unter deren Namen hergestellt und vertrieben. Nun denn, wir haben neue Backpinsel, Teigschaber, Arbeitsschalen … und zwei Backbleche, eines für Vanillekipferl und eines gefüllte Plätzchen. Die Dinger haben 42 bzw. 24 Vertiefungen, in die man den Plätzchenteig einfach hineinstreicht und den überschüssigen Rest mit dem Teigschaber wieder abkratzt. Ich war ja skeptisch, aber das funktioniert tatsächlich, man erhält ruck-zuck kleine, gleich geformte Vanillekipferl (von Hand geformt produzieren wir regelmäßig Monster-Vanille-Kipfe, die kleine Form liegt uns allen nicht), und aus dem Blech lassen sie sich – entgegen aller Bedenken – auch ganz einfach lösen, das klebt nichts an (und da fragt man sich natürlich, mit welchem Teufelszeug die Bleche wohl beschichtet sein müssen). Und so kamen wir diesen Advent tatsächlich zu selbstgemachten Plätzchen …

20161218_vierter_advent_plaetzchen

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