Neulich, in der Gosenschenke in Leipzig

Summa summarum: Sehr schönes, historisches Gasthaus mit wundervollem Biergarten mitten in der Stadt, und doch abseits vom Touristenrummel, große, in weiten Teilen an DDR-Zeiten erinnernde Speisekarte, gewöhnungsbedürftiges, aber leckeres Bier, freundliche Einheimische.

Mal wieder zwei Tage in Leipzig. Für den ersten Abend ist bei dem herrlichen Wetter die Gosenschenke Ohne Bedenken einfach gesetzt, hier trank man Gose, ein leichtes, säuerliches, obergäriges, mit Milchsäurebakterien versetztes, mit Salz und Koriander gewürztes, im Sommer ungemein erfrischendes Bier (das ursprünglich aus Goslar im Harz stammt, daher der Name Gose) schon zu Kaisers Zeiten, in der Weimarer Republik, während der Nazi- und Kommunisten-Diktaturen bis heute. Die Schenke ist rustikal, aber authentisch vom Beginn des 19. Jahrhunderts eingerichtet, der Biergarten fast mitten in der Stadt ist urig und kann leicht mit so manchem bayrischen Biergarten mithalten. Hier verkehren vorwiegend Sachsen, obwohl die Gosenschenke in jedem Leipzig-Reiseführer steht, liegt sie zentral und doch abseits genug, so dass sich nur wenig Touristen-Laufpublikum hierher verirrt.

Die Speisekarte ist vor allem Eines, nämlich groß, 35 Positionen zähle ich darauf, darunter DDR-Klassiker wie Soljanka (eine Suppe aus Letscho, Kochwurst und diesem und jenem, was halt gerade da war), das unvermeidliche Würzfleisch (die kommunistische Version des Ragout fins aus Schweinefleisch, traditionell dick mit Käse überbacken und im Näpfchen mit Toast und Exzellent Worcester Sauce Dresdner Art serviert), Thüringer Rostbrätel (fetter Schweinenacken mit angedünsteten Zwiebeln) und Quarkkeulchen (in der Pfanne gebackene, kleine, flache Küchelchen aus einem Quark-Kartoffelteig, mit Zucker, Zimt und Apfelmus serviert), dann kulinarische Monstrositäten wie Schweinesteak mit heißer Leberwurst, paniertes Schnitzel mit Camembert und Ananas oder mit Gorgonzola und Champignons, schließlich gutbürgerliche Klassiker wie Rouladen, Schweinshaxen, Matjes Hausfrauenart, Kalbsschnitzel und den unvermeidlichen Zander, und dann noch hauseigene Spezialitäten wie gebackener Camembert in Gosebierteig, Sülze mit Gose oder Schweinebäckchen in Gose gegart. Zusätzlich gibt es im Biergarten eine Grillstation mit Selbstbedienung, hier gibt’s rustikale Kleinigkeiten, Schweinenackensteak, Thüringer Rostbratwurst, Currywurst mit Pommes.

Zur Qualität der Speisen kann ich aktuell wenig sagen. Als ich vor über dreißig Jahren das erste Mal in der Gosenschenke war, sah die Speisekarte ganz ähnlich aus, damals waren wir schon froh, überhaupt eine Kneipe mit halbwegs ordentlichem Essensangebot gefunden zu haben, in dem post-sozialistischen, frisch wiedervereinigten Landstrich. Den Gästen um uns herum muss es geschmeckt haben, fast alle Teller waren ratzekahl leergeputzt. Wir haben uns auf reichlich Gose und Leipziger Kräuter Wilhelm aus der Leipziger Spirituosen-Manufaktur Wilhelm Horn konzentriert, dazu Rostbratwürste und eine Riesen-Portion ordentlicher Currywurst mit sehr guten Pommes. Mit Johannes Mario Simmel: „Es muss nicht immer Kaviar sein.“

Was ich jedoch sagen kann, ist, dass der Spätnachmittag/Abend in der Gosenschenke sehr viel Spaß gemacht hat: schönes Ambiente, freundliche Menschen, wenig Touristen, authentisches einheimisches Leben, ungewohntes, aber leckeres Bier (der Liter für 11 EURO), ganz entspannt im Hier und Jetzt.


Hauptgerichte von 13,90 EURO (Zwiebelkuchen, Kräuterdipp, Salat) bis 27,50 EURO (Kalbsschnitzel, Pommes, Salat); Drei-Gänge-Menue von 25,90 bis 46,40 EURO

Gosenschenke „Ohne Bedenken“
Inhaberin Loreen Heinrich
Menckestraße 5
D – 04155 Leipzig
Tel.: +49 (3 41) 5 66 23 60
Fax: +49 (3 41) 5 66 23 10
E-Mail: info@gosenschenke.de
Web: www.gosenschenke.de

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