Mittagspause. Schnell rüber zum Discounter meines Vertrauens und in die Überwachskameras grinsen. Der Weg durch die Regalschluchten endet an der Kasse.
Da stehe ich nun und starre auf arme „Zigaretten hinter Gittern“ (neue RTL-Serie?). Wer steht nicht gerne an? Das Interessanteste dabei ist, was die anderen so aufs Band legen. Ganz vorne steht der Frontman von Village People – Weiähm-si-äi. Sehr sommerlich so mit Sandalen und kurzen Jeans und so. Und modebewusst, denn seine Tennissocken passen farblich genau zu den Hot Pants. Seine Fahne flattert ihm voraus. Alkoholproblem? Au Contreau, mon cher. Klackklack – er fühlt sich mutig genug, um drei kleine Feigling-Fläschen aufs gummierte Band zu legen. „Das ist wohl für die spirituelle Erleuchtung“, denke ich mir offenbar etwas zu laut. „Spirituell? Ne, ich nehme immer Grillanzünder, is´ ungefährlicher, “ erwidert er nach hinten. Hoppla zu laut gedacht. Verlegen schaue ich der 14-jährigen 86-Kilo-Ballerina hinter mir aufs Handy-Display. Wie sie da so steht, ähnelt sie sehr einer chinesischen Kugelstoßerin kurz vor einem unangekündigten Dopingtest. Düdeldütt. Sie kriegt eine Whatsapp. Vor lauter Diskretion kann ich kaum noch lesen, was drin steht: „WIDUMIHEI TABU CU“. Schneller als die Kassiererin ihre zwölf Schokomuffins und das dazu gehörige Diet Coke durch den Laser-Scanner schleift, tippt sie die Antwort „2L84U BTW DUBIDO lol.“*
Oh Mann, das dauert. Immer noch zwei vor mir. Klar, Tofu- Thorsten zahlt seine eine Buttermilch mit der EC-Karte. Er hat ja Zeit.
Auch das noch – der unvermeidliche Kassen-Querulant, der ohne weiteres bei „Wetten dass“ hätte auftreten können, weil er den Preis von jedem linksdrehenden Joghurtbecher westlich der Oder-Neiße-Grenze auswendig kennt. Er beschwert sich erwartungsgemäß und fuchtelt mit seiner Rentner-Bravo wild umher. Unendliche Sekunden lang lamentiert er, dass die Eiertomaten doch im Angebot sind, und dass der Preis von 89 Cent das Kilo unmöglich stimmen kann. Jetzt wird der Mann so richtig vulgär. Der kommt bestimmt direkt aus dem Ordinäriat, denke ich mir noch, als er mit einem energischen „Dann will ich sie doch nicht!“ das unschuldige junge Gemüse auf die Gummierung flatscht.
„Storno! Storno bitte, “ dröhnt aus den Boxen. „Darf ich?“ Der Filialleiter – Anfang 40 mit Krawatte unterm Kittel – zwängt sich energisch mit Chefkassenschlüssel durch die Schlange.
Ich bin dran. Jetzt schleift die Stornoqueen endlich meine Grundnahrungsmittel übers Gummi. Obwohl hier kein Platz für plumpe Schleichwerbung ist, muss an dieser Stelle einfach mal gesagt sein, dass die Milka Noisette das Beste ist, was jemals aus der Kakaobohne rausgeraspelt wurde.
Nur noch zahlen. „Sammeln Sie Herzen?“ „Nein, ich bin glücklich liiert.“ Danke und Auf Wiedersehen.